Krankschreibungen
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Krankschreibungen: Alles, was Arbeitnehmer und Arbeitgeber wissen müssen

Einleitung: Warum Krankschreibungen ein zentrales Thema sind

Krankschreibungen sind ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags – und doch werfen sie bei vielen Arbeitnehmern und Arbeitgebern regelmäßig Fragen auf. Wann ist eine Krankschreibungen erforderlich? Welche gesetzlichen Regelungen gelten? Wie wirkt sich eine Krankschreibung auf das Arbeitsverhältnis aus? Und wie verändert sich die Praxis durch Digitalisierung, neue Arbeitsmodelle und gesetzliche Anpassungen? In diesem Artikel geben wir einen umfassenden Überblick über das Thema Krankschreibungen – praxisnah, rechtlich fundiert und mit einem Blick auf aktuelle Entwicklungen.

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Krankmeldung: Darauf müssen Sie bei der Krankschreibung achten

Was ist eine Krankschreibung überhaupt?

Unter einer Krankschreibungen versteht man die ärztliche Bescheinigung, dass ein Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit vorübergehend arbeitsunfähig ist. Die offizielle Bezeichnung lautet Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Sie dient sowohl der Dokumentation gegenüber dem Arbeitgeber als auch dem Nachweis für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Seit 2023 erfolgt die Übermittlung der AU-Daten in Deutschland digital – über die sogenannte elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU), bei der Arztpraxen die Daten direkt an die Krankenkasse übermitteln. Der Arbeitgeber ruft sie dort elektronisch ab. Diese Digitalisierung hat die bisherigen Papierausfertigungen weitgehend ersetzt.

Gesetzliche Grundlagen von Krankschreibungen

Die wichtigsten rechtlichen Regelungen finden sich im:

  • Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
  • Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)
  • Sozialgesetzbuch V (SGB V)

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Laut § 3 EFZG hat ein Arbeitnehmer im Krankheitsfall Anspruch auf Fortzahlung seines Gehalts für bis zu sechs Wochen. Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis bereits mindestens vier Wochen besteht und die Arbeitsunfähigkeit nicht selbst verschuldet wurde.

Nach Ablauf dieser Frist springt die Krankenkasse mit dem Krankengeld ein. Dieses beträgt in der Regel 70 % des Bruttoeinkommens, jedoch maximal 90 % des Nettoeinkommens.

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Nachweispflicht und Fristen

Nach § 5 EFZG gilt:

  • Spätestens am vierten Kalendertag der Erkrankung muss eine Krankschreibung vorgelegt werden.
  • Der Arbeitgeber kann auch früher eine AU verlangen – sogar ab dem ersten Krankheitstag, wenn ein begründeter Verdacht besteht.

Wie funktioniert die Krankschreibung in der Praxis?

Der Weg zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Der übliche Ablauf sieht wie folgt aus:

  1. Krankheitsbeginn: Der Arbeitnehmer merkt, dass er krank ist.
  2. Arztbesuch: Der Arzt stellt nach Untersuchung die Arbeitsunfähigkeit fest.
  3. Ausstellung der AU: Früher gab es drei Ausdrucke – für Arbeitgeber, Krankenkasse, und den Patienten.
  4. Seit 2023: Arzt übermittelt die AU digital an die Krankenkasse (eAU). Der Arbeitnehmer muss nur noch den Arbeitgeber informieren.

Beispiel: Typischer Ablauf

ZeitpunktHandlung
Montag, 08:00 UhrArbeitnehmer fühlt sich krank
Montag, 10:30 UhrBesuch beim Hausarzt
Montag, 11:00 UhrArzt stellt AU für 3 Tage aus
Montag, 12:00 UhrArzt übermittelt eAU an die Krankenkasse
Montag, 12:30 UhrArbeitnehmer informiert Arbeitgeber über Arbeitsunfähigkeit

Krankschreibungen im Homeoffice: Gibt es Unterschiede?

Mit der zunehmenden Verlagerung von Tätigkeiten ins Homeoffice stellt sich die Frage: Gilt eine Krankschreibung auch bei Heimarbeit?

Die Antwort ist eindeutig: Ja. Wer krank ist, ist unabhängig vom Arbeitsort arbeitsunfähig. Es spielt keine Rolle, ob die Tätigkeit im Büro, im Homeoffice oder mobil ausgeführt wird.

Allerdings kommt es häufiger vor, dass sich Arbeitnehmer „nicht ganz fit“ fühlen, aber dennoch im Homeoffice weiterarbeiten. Das birgt Risiken: Eine nicht genommene Krankschreibung kann dazu führen, dass die Krankheit verschleppt wird oder sich verschlimmert – mit längerer Ausfallzeit als Folge.

Dauer und Verlängerung einer Krankschreibung

Eine Krankschreibung kann für wenige Tage oder mehrere Wochen ausgestellt werden – je nach Schwere der Erkrankung. Wenn nach Ablauf der Krankschreibung weiterhin Arbeitsunfähigkeit besteht, ist eine Folgebescheinigung erforderlich.

Wichtig: Die Folgebescheinigung muss spätestens am nächsten Werktag nach Ablauf der vorherigen AU erfolgen. Eine Lücke kann zu Problemen bei der Lohnfortzahlung oder Krankengeld führen.

Missbrauch von Krankschreibungen: Mythos oder Realität?

Die Sorge, dass Krankschreibungen missbraucht werden, ist in vielen Unternehmen präsent. Studien zeigen jedoch, dass die überwältigende Mehrheit der AU-Fälle medizinisch gerechtfertigt ist.

Laut Daten des Bundesministeriums für Gesundheit betrug die durchschnittliche Anzahl an Krankheitstagen pro Arbeitnehmer 2024 rund 19,6 Tage – ein leichter Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren, was teilweise auf die Nachwirkungen der Corona-Pandemie und psychische Belastungen zurückzuführen ist.

Gründe für eine AU: Statistik

DiagnosegruppeAnteil an AU-Tagen (2024)
Muskel-/Skelettsystem25 %
Atemwegserkrankungen20 %
Psychische Erkrankungen18 %
Verletzungen und Unfälle12 %
Sonstige Erkrankungen25 %

Quelle: Gesundheitsreport der Krankenkassen

Psychische Erkrankungen und Krankschreibung: Ein sensibler Bereich

Psychische Belastungen wie Depression, Burnout oder Angststörungen führen immer häufiger zu Krankschreibungen. Laut einer Erhebung der DAK waren im Jahr 2024 fast 20 % aller Fehltage auf psychische Diagnosen zurückzuführen.

Besonderheiten bei psychischer Erkrankung

  • Der Arzt kann bei entsprechender Diagnose eine längere AU ausstellen.
  • Die Rückkehr in den Job erfolgt oft über ein stufenweises Wiedereingliederungsprogramm (Hamburger Modell).
  • Arbeitgeber sollten hier besonders sensibel und unterstützend agieren, um Stigmatisierung zu vermeiden.

Rechte und Pflichten während einer Krankschreibung

Während der Arbeitsunfähigkeit gelten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestimmte Regeln:

Was darf man trotz Krankschreibung tun?

Die AU bedeutet nicht automatisch Hausarrest. Aktivitäten, die der Genesung nicht schaden, sind erlaubt. Dazu zählen:

  • Spaziergänge
  • Einkaufen
  • Sportliche Betätigung – sofern sie ärztlich empfohlen ist
  • Urlaub im Ausland – mit Genehmigung der Krankenkasse
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Meldepflicht und Kommunikation

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit zu informieren – noch vor dem Arztbesuch, falls möglich.

Ein Schweigen oder verspätetes Melden kann eine Abmahnung oder im Wiederholungsfall sogar eine Kündigung nach sich ziehen.

Was tun bei Zweifeln an der Krankschreibung?

Arbeitgeber haben bei begründeten Zweifeln das Recht, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) einzuschalten. Dieser prüft, ob die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit medizinisch gerechtfertigt ist.

Typische Verdachtsmomente

  • Häufige Kurzzeiterkrankungen (z. B. montags oder freitags)
  • AU direkt nach Urlaubsablehnung
  • Auffällige Muster

Allerdings ist Vorsicht geboten: Ein Generalverdacht gegenüber Mitarbeitenden kann das Vertrauensverhältnis belasten und ist nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt.

Der digitale Wandel: eAU und Telemedizin

Seit 2023 ist die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) verpflichtend. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Weniger Papierkram
  • Schnellere Datenübertragung
  • Weniger Bürokratie

Krankschreibung per Videosprechstunde

Seit einigen Jahren ist auch die Krankschreibung per Video möglich – zunächst als Corona-Sonderregelung eingeführt, inzwischen fester Bestandteil der telemedizinischen Versorgung. Voraussetzungen:

  • Die Erkrankung lässt sich per Video diagnostizieren.
  • Die Krankschreibung darf maximal 7 Kalendertage umfassen.
  • Bei Verlängerung ist ein persönlicher Arztbesuch erforderlich.

Diese Möglichkeit kommt besonders bei leichten Atemwegserkrankungen oder psychischen Beschwerden zum Einsatz.

Unterschiede für Minijobber, Azubis und Selbstständige

Minijobber

Auch geringfügig Beschäftigte haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit – sofern das Arbeitsverhältnis länger als vier Wochen besteht.

Auszubildende

Für Auszubildende gelten dieselben Regeln wie für andere Arbeitnehmer. Wichtig ist hier die schnelle Krankmeldung beim Ausbildungsbetrieb, da versäumte Inhalte oft nachgeholt werden müssen.

Selbstständige

Für Selbstständige besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Lohnfortzahlung, es sei denn, sie haben eine entsprechende Krankentagegeldversicherung abgeschlossen.

Krankschreibungen im internationalen Vergleich

Deutschland hat im internationalen Vergleich ein relativ grosszügiges System, was Lohnfortzahlung betrifft. In Ländern wie den USA oder Großbritannien ist die Absicherung im Krankheitsfall oft wesentlich schwächer.

LandLohnfortzahlung durch ArbeitgeberKrankengeld durch Staat/Kasse
Deutschland6 Wochen (100 %)ab Woche 7 (70 % brutto)
USAKeine gesetzliche Regelungje nach Bundesstaat
UK3 Tage ohne, danach ca. 110 £/Wochemax. 28 Wochen
FrankreichAb 1. Tag, abhängig von Brancheca. 50–66 % des Bruttolohns
Zweifel an Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen – Krank ist krank? – Pauly &  Partner

Fazit: Krankschreibung als Schutzmechanismus – richtig nutzen

Krankschreibungen sind kein „Freibrief“, sondern ein notwendiger Schutzmechanismus – für den Arbeitnehmer ebenso wie für das Unternehmen. Wer krank ist, sollte sich erholen dürfen, ohne wirtschaftliche Sorgen oder soziale Ängste. Die rechtlichen Grundlagen und digitalen Möglichkeiten sorgen dafür, dass dies transparent, effizient und fair geschieht.

Wichtig ist jedoch: Verantwortung und Vertrauen gehen Hand in Hand. Nur wenn beide Seiten – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – mit Offenheit, Respekt und Sachkenntnis agieren, kann das System der Krankschreibung seinen Zweck voll erfüllen: die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen und gleichzeitig den Betrieb aufrechtzuerhalten.